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Montag, 31. Januar 2011

Tag 8 (+7)

tz da schreibt man mal einen Tag lang nix und bekommt umgehend ne Beschwerde. Undankbares Pack – ursprünglich hieß es ich sei völlig anachoretisch - zurückgezogen und getrennt. Jetzt biete ich schon meinen blog. Und stat dankbar z sein beschwere wenn ich mir man den SONNTAG davon frei nehme...

naja ich weiß du hast vermisst und darum freut mich das du gestern eine Nachricht erhofft hattest.

Ich hab übrigens das Wort anachoretisch gewählt (auch wenn ich nicht weiß ob es das als Adjektiv so gibt) weil es von Anachorese (altgr. anacheo = sich zurückziehen) der kommt. Anachoreten waren die ersten christlichen Mönche – die Eremiten, Wüstenväter oder wie immer ihr sie nennt.

Nun Gut Ok gestern, klar mir ging viel durch den Kopf, vor allem das Buch von Amartya Sen, dessen fast 450 Seiten ich gestern durchgearbeitet hab.


eine schöne Impression aus der Kryta

Sonntags gibt es hier keine Laudes, und keine Vesper - wer nicht weiß was das ist lese bitte die vorhergehenden Einträge. Morgens um 8:00 gibt es in der Krypta (das ist der unterirdische Raum alten Kirche hier (Krypta = die verborgene – kennt man von kryptsich und so). Dieser Raum ist seid über 800 Jahren in Takt, während der Rest der Kirche wie gesagt eine Ruine ist. Heute gibt’s mal Fotos von der Krytpa. Also dort findet Sonntgs das heilige Abendmahl statt. Auch hier eine streng liturgische Feier mit Gesang, Lesungen Gebeten etc. die feststehen. Und es gibt echten Wein, Alkohol im Gethsemane Kloster – erstaunlich ;-)


Im Mittagsgebet am Sonntag werden die Fürbitten übrigens durch Lobpreisungen ersetzt, damit ihr nach was von den speziellen Abläufen hier mitbekommt.

Einblick in die Krypa -so sieht es da aus


Wir haben dann gestern mit den Mitarbeitern und einem der Brüder hier einen Filmabend gemacht. Marc, einer der Mitarbeiter hatte Geburtstag. Wir haben uns mal für zwei Western-Klassiker entschieden: erst „High Noon -12Uhr Mittags“ und dann „Spiel mir das Lied vom Tod“. Und ihr versteht, dass ich nach 1 Uhr keine Lust und Kraft mehr hatte was für euch zu schreiben, außerdem ist ein Tagebuch eh für eine selber – ich lasse euch nur teilhaben – Ätsch!



Aber ihr seht auch in einem Kloster geht es ganz alltäglich zu – nur eben in einem festendun besonderen Rahmen. Da Montags auch keine Laudes und auch kein Mittagsgebet stattfinden, mussten wir nicht so früh raus, aber ich bin schon im Rhythmus drin und war 8:00 wach. Ich bin dann mal nach Goslar rein. Bank, ein paar Kleinigkeiten besorgen, z.B: Briefmarken und mal eine kleine Auszeit nehmen.

Ja Goslar IST schön aber ich wollte auch nicht zulange Schlendern, da ich heute Nachmittag ja an meiner Arbeit schreiben wollte.

Ich bin ja heute genau eine Woche hier udn schon sowas von drin in dieser Welt. Wenn das Leben intensiver ist vergeht die Zeit anders. Nur an meinem Bart merke ch das erst eine Woche rum ist, ich hab kein Rasierzeug mitgenommen und somit hab cih nen guten Indikator
Ich hab einen tollen Text in einer modernen, erklärenden Einleitung zu den Benediktus-Regeln gefunden die ich euch gern weiter geben wollte:

„Hören ist Voraussetzung für Begegnung; in der Hinwendung zum Du wird es Ausdruck der Liebe. Hören ist eine Disziplin des Herzens, ein Prozess der Achtsamkeit auf das Wort des Herrn und des Bruders [oder Schwester]. So wird der Hörende zum Liebenden.
[…]
Mit dem Hören ist das Schweigen verbunden. Benedikt will im Kloster einen Raum des Schweigens schaffen in dem der Mensch sich öffnen kann für die Gegenwart Gottes in seinem Wort, in der Liturgie und in den vielfältigen Begegnungen des Alltags. Schweigen und hören sind Grundhaltungen des Jüngers und führen zur Demut.
Demütig wird der Mensch, der im Laufe seines Lebens Schritt für schritt von sich frei wird und Gott immer mehr Raum gewährt. Er vertraut ganz auf gottes Barmherzigkeit. [...]
Die Demut führt zu jener Liebe die alle Furcht vertreibt.“


Ich versuche ja immer noch während des Mittagsgebets in der Stille zu Meditieren, das ist echt schwer, für mich meine Gedanken nicht ständig abschweifen zu lassen. Da ich ja im ADHS-Verdacht stehe, fällt es mir vielleicht besonders schwer.

Aber ab und zu habe ich sogar diese Momente wie im Zen, an denen ich tatsächlich nichts denke und da macht sich dann was großartiges in mir breit Doch sobald ich das wahrnehmen denke ich schon wieder: Wie kann ich das in Worte fassen? Soll ich euch das mitteilen, wie komm ich wieder dahin? Und mit den Nixdenken ist es aus. Aber es sind kurze ergreifende Momente.

Gestern hab ich dann mal was neues probiert – 'ruminieren' des Meditationsverses – das heißt 'innerlich wiederholen „durchkauen“' - das ging , zumindest ne ganz schöne Weile lang, bestimmt 10 min dann erwischte ich mich doch wieder, dass ich parallel an anders dachte, wenn auch nur für jeweils einige Sekunden.


Aber auch was kritisches habe ich heute wieder (so bin ich halt):
In meinem Zimmer liegt ein Exemplar von Rick Warrens „40Tage Leben mit Vision“ ich hab drin gelesen und wurde traurig.
Das Buch hat soviele Menschen und Gemeinden verändert... Warum? Was steht den n da so besonderes drin? Nix – eigentlich müssten die Gemeindeglieder diese Botschaften ständig in den Gottesdiensten, Hauskreisen und sonst wo hundertfach gehört haben.
Was ist los ihr Prediger??
Oder vielleicht haben sie's ja gehört aber nicht aufgenommen? Vielleicht muss erst jemand wie Warren kommen der ein Charisma von Gott hat und einen Auftrag, dass den Menschen, Augen Ohren und Herzen geöffnet werden.

Ich erinnere mich an meine Verwunderung auf er PEC 2002 der Pfingsteuropakonferenz in Berlin, bei der so viele alteingesessene Christen von den Botschaften Reinhard Bonnkes völlig begeistert und ergriffen waren?
Ich hab das damals ganz nüchtern nicht nachvollziehen können. Ic hab vorher mehrere Wochen in der Deutschen Zentrale von Bonnkes Werk gearbeitet (mein Praktikum) und hatte daher ein paar Infos über ihn und wie der denkt. Seine Devise ist, ich muss die Botschaft von Jesus so simpel wie möglich machen, das Leute sofort bei ersten hören kapieren warum sie sich für ein Leben in Christi Nachfolge entscheiden sollen. Gute Lehre ist nicht die Aufgabe eines Evangelisten, dafür gibt es Hirten=Pastoren in den Gemeinden zu den die bekehrten dann gehen sollen.
Ich frug mich, ob er dann nicht eine zu reife, ausgeklügelte, tiefgehende Botschaft predigte, die also sein eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde wenn mit Menschen die seit 20 Jahren jeden Sonntag in Gottesdienste gehen sagten Sonne Botschaft hätten sie noch nie gehört...

Nein – auch wenn Oscar Wild schreibt, dass die Wahrhaftigkeit einer Aussage unabhängig sei von dem Wahrhaftigkeit dessen der sie ausspricht, ist das nur theoretischen Reflexion.
In der Praxis wissen wir das wir anders drauf sind, da kommt es schon drauf an, wer, was, wie sagt.

Ich will mich nicht erheben, auch wenn ich bei christlichen Botschaften da offenbar allgemein offener bin und mich deshalb solche Botschaften dieser Berufenen selten wirklich überraschen, bin ich doch in anderen Bereichen blind und unverständig.

Ich animiere euch heute zum Abschluss mal meine Lieblingsgeschichte aus der Bibel zu lesen.
Evangelium nach Johannes Kapitel 9 (is jetzt nicht soo viel)
Die hat voll die Slapstick-Elemente und ein interessante Auflösung wer Blinde und wer sehende sind.

Blick aus einem nicht mehr genutzen Aufgang aus der Krypta mit Blick auf die noch stehenden Rückwand des Chorschiffs (Vordersseite einer Kirchem sozusaen die "Bühne" im Gottesdienstraum) der alten Kirche, mit Kreutz und Altar (der ist leider duch das mächerchen fast verdeckt)

In diesem Sinne: Augen und Ohren weit geöffnet, die Welt ist voll toller Eindrücke, ich hab heut soviel kleines und banales in der Natur gesehen was mit so wunderbar erschien.

PS: ihr dürft auch gern mal Kommentare da lassen (oder Fragen) wäre interessant hinterher über den einen oder anderen Punkt sich auszutauschen


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